Die Methoden
Die entwickelten Methoden bieten unterschiedliche Zugänge, um Opfer- und Bedrohungserfahrungen sowie Sicherheitsempfinden von Kindern und Jugendlichen im öffentlichen Raum zu erheben.
Sie fokussieren darauf, Orte im Quartier zu identifizieren, an denen sich Kinder und Jugendliche unwohl fühlen, Unsicherheit verspüren und aus Sicherheitszusammenhängen ein Veränderungsbedarf besteht. Durch die Erhebungen sollen aber auch Orte erfassbar werden, an denen sich junge Menschen gerne aufhalten, an denen sie sich wohl fühlen und die für sie positiv besetzt sind.
Die zehn Methoden unterteilen sich in drei Gruppen mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
Überblicksmethoden
mit der Kernfrage:
Welche Orte im Stadtteil sind unter Sicherheitsaspekten für Kinder und Jugendliche von Bedeutung?
Vertiefungsmethoden
mit der Kernfrage:
Was sind die Gründe, warum ein spezieller Ort für Kinder oder Jugendliche sicher oder
unsicher ist?
Kombinationsmethoden
mit der Kernfrage:
Welche Orte im Stadtteil sind
unter Sicherheitsaspekten für Kinder
und Jugendliche von Bedeutung und
was sind die Gründe hierfür?
Die Methoden aus diesen drei Gruppen decken eine große Bandbreite unterschiedlicher Ansätze und Stile ab: Es finden sich der „klassische“ Fragebogen ebenso wie explorative Ansätze. Einige Methoden nutzen Stift und Papier, andere beinhalten einen großen Anteil an Bewegung und Erkundung. Methoden, die sich für ganze Schulklassen eignen, sind ebenso aufbereitet wie Ansätze, die allein, in Tandems oder Kleingruppen durchgeführt werden können. Das ermöglicht den Einsatz des Methodenkoffers in vielen unterschiedlichen Settings.
Drei Überblicksmethoden
Die Überblicksmethoden betrachten den gesamten Raum eines größeren Gebietes – beispielsweise eines Quartiers, eines Stadtteils oder des Einzugsradius einer Schule. Sie stellen die Frage, welche Orte im Stadtteil unter Sicherheitsaspekten für Kinder und Jugendliche von Bedeutung sind. Dabei gehen sie in die Breite und wollen möglichst viele Orte erfassen. Überblicksmethoden werden meist mit Kartenarbeit an einem festen Ort wie einer Jugendfreizeiteinrichtung oder Schule durchgeführt.
Kunstblick
Fotografien von Street Art werden atmosphärisch beschrieben und in ihrer Stimmung mit realen Orten im Stadtteil verbunden. Die Bilder dienen als Gesprächsanreiz – sie bieten den Teilnehmenden einen Impuls für Assoziationen und Reflexion ohne die Notwendigkeit, (Unsicherheits-)Gefühle selbst benennen zu müssen.
Punktmethode
Mit Klebepunkten werden auf einer Gebietskarte angenehme/sichere und unangenehme/unsichere Orte im Sozialraum markiert. Die Verortungen dienen als Gesprächsanreiz über Erfahrungen und Erlebnisse im Quartier. Dies erlaubt einen schnellen, raumbezogenen Einblick auf für Kinder und Jugendliche relevante Orte im Stadtteil und kann dabei wetterunabhängig in einer Einrichtung durchgeführt werden.
Schriftliche Befragung
Kinder und Jugendliche beantworten Fragen zu ihren Sicherheits- und Unsicherheitserfahrungen im Quartier mit Hilfe eines spezifischen Fragebogens. Dies erlaubt es, die Sichtweisen von Kindern und Jugendlichen in größerer Zahl anonym und unbeeinflusst zu erheben.
Vier Vertiefungsmethoden
Die Vertiefungsmethoden konzentrieren sich darauf, die Ursachen und Hintergründe herauszuarbeiten, die zu Sicherheits- oder Unsicherheitsempfinden an speziellen Orten führen. Diese Orte sind vorher identifiziert worden – etwa durch verschiedene Hinweise von Kindern, Jugendlichen oder mit Hilfe einer vorher eingesetzten Überblicksmethode. Die Vertiefungsmethoden finden meist direkt vor Ort Anwendung, um Gegebenheiten und Situationen unmittelbar aufzeigen zu können.
Adjektivsuche
In einer assoziativen Ortsanalyse bringen die Kinder und Jugendlichen einen bestimmten Ort mit Adjektiven in Verbindung. Die Assoziationen mit Adjektiven dienen als Gesprächsanreiz. Es handelt sich um eine mit körperlicher Bewegung verbundene Aktion in überschaubaren Arealen, die für größere Gebiete auch als Kartenarbeit umgesetzt werden kann.
Orte kommentieren
Mit dem Prinzip der „schriftlichen Diskussion“ kommentieren Kleingruppen die Wirkung von Orten im Quartier. Auf Fotoplakaten notieren sie nacheinander ihre Eindrücke, Gedanken und Gefühle zu den jeweiligen Orten. Der Ansatz bietet eine strukturierte Möglichkeit, mit größeren Gruppen Rückmeldungen zu ausgewählten Orten zu erhalten.
Sprechende Bilder
Kinder und Jugendliche erkunden einzelne Orte im Quartier und halten ihre Eindrücke und Bewertungen in Form von Sprechblasen vor Ort fotografisch fest. Bei dieser Methode steht ein spielerisch-kreatives Element im Vordergrund. Dadurch entstehen „sprechende Bilder“, die auch für Präsentationen und Ausstellungen genutzt werden können.
Stadtteilbegehung
Stadtteilbegehungen sind eine strukturierte Form der Erkundung, um die lebensweltliche Sicht von Kindern und Jugendlichen im Hinblick auf vorab ausgewählte Orte zu erfassen. Der unmittelbare Eindruck des jeweiligen Orts selbst schafft dabei einen Gesprächsanreiz und hilft den Kindern und Jugendlichen, ihre eigenen Aussagen zu verdeutlichen.
Drei Kombinationsmethoden
Kombinationsmethoden verbinden eine gezielte Abfolge einer Überblicks- mit einer Vertiefungsmethode. Sie greifen einen oder wenige besonders relevante Orte aus einer zunächst breiten Betrachtung heraus und vertiefen hierzu. Kombinationsmethoden erfordern daher meist mehr Zeit, die aber auch auf verschiedene Tage verteilt werden kann.
Fotostreifzug
Kinder als Expert:innen zeigen ihr Quartier. Dabei suchen sie Orte im Stadtteil auf, an denen sie sich gerne aufhalten, ebenso wie Orte, die sie unangenehm finden oder meiden. Sie dokumentieren diese Orte fotografisch. Das Grundprinzip wird in der Kinder- und Jugendarbeit auch in Methoden wie Stadtteildetektive, Kiezforscher oder offene Stadtteilbegehung genutzt.
Jagd nach Orten
Kinder und Jugendliche machen sich anhand einer vorgegebenen Aufgabe detektivisch auf die Suche nach typischen Orten. Sie untersuchen diese Orte und halten ihre Entdeckungen fotografisch fest. Vor der Gesamtgruppe werden die Erkenntnisse vorgestellt und besprochen.
Solo Scouts
Bei Solo Scouts handelt es sich um eine Form der reflexiven Fotografie: Kinder und Jugendliche fertigen über einen längeren Zeitpunkt eigenständig eine Fotodokumentation zu ihrem Stadtteil an. Die freie Arbeit erlaubt eine Dokumentation von Orten, ohne durch andere beeinflusst zu sein oder sich auf einen engen räumlichen Radius begrenzen zu müssen.
Hintergrundinformationen und Hinweise zur Durchführung der Erhebungsaktionen finden Sie ergänzend im Handbuch.